Mittwoch, 22. April 2020

Veganuary 2020 - ein verspätetes Resumé

Wie 350.000 Menschen weltweit nahm ich dieses Jahr am Veganuary teil. Der Name setzt sich aus "vegan" und "January" zusammen - einen Monat lang wird also auf sämtliche Lebensmittel tierischer Herkunft verzichtet.
Aus der verspäteten Veröffentlichung dieses Artikels könnt ihr vielleicht schon einen Schluss ziehen - seitdem habe ich keine tierischen Lebensmittel mehr gekauft! Der gute Vorsatz aus dem neuen Jahr hat also gehalten ;)

An dieser Stelle könnte also schon Schluss sein, die Folgerung wurde schon gezogen: Der Veganuary ist eine tolle Sache, bei der alle mitmachen sollten. Vielleicht bringt er ja, wie bei mir, den Stein ins Rollen, und markiert den Start eines tierleidfreien Lebens.
Das zumindest ist der vorläufige Schluss, den ich gezogen habe. Es steckt aber noch so viel mehr darin und dahinter.

Bereits im Dezember bin ich zur Vorbereitung einigen veganen Gruppen auf Facebook beigetreten. Ich hoffte auf nützliche Tipps für Einsteiger*innen, Rezepte, Schwierigkeiten. Was bekam ich stattdessen? Ein schlechtes Gewissen. Dieses möchte ich nicht an euch weitergeben, weshalb ich den Tenor der Kommentare nur kurz zusammen fasse.
Einmal ließ ich fallen, dass ich dieses "vegane Gewissen" noch nicht entwickelt habe - natürlich finde ich Massentierhaltung eklig und den Klimaschutz wichtig! Ich bin auch bereit, dafür meine eigenen Belange hinten anzustellen. Allerdings ist diese ganze Thematik ziemlich weit weg von meiner Lebenswirklichkeit. Ich bin da einfach kurzsichtig. Das erkenne ich auch gern an und möchte das ablegen. Dazu gehört aber am Ende auch, eine Hand gereicht zu bekommen, die einem aus dem Sumpf zieht. 
In Gruppen wie "Why are carnists like this" wurde ich allerdings dafür erniedrigt, was ich nicht wusste oder konnte.

Ich nenne dieses Phänomen "Vegan Supremacy". Veganer*innen sind sich ihres Nachdrucks bewusst, und das lassen sie dich wissen.
Ihr kennt bestimmt den Witz "Woran erkennt man eine*n Veganer*in? Sie*r sagt es dir" - er stimmt. Es ist wirklich wahr. Dasselbe Talent haben aber auch Omnivore. 
Offiziell sind sie nur um deine Gesundheit besorgt, was sie dir Cheeseburger-mampfend mitteilen. Am Ende fühlen sie sich jedoch ertappt, wie mir im Nachhinein klar wurde. Ich wollte es auch nicht wahr haben, dass eine omnivore Ernährung mehr Nach- als Vorteile birgt, bin defensiv geworden. Jetzt weiß ich: Es ist Quark.

Ich bin längst noch keine perfekte Veganerin, und werde in Gruppen immer noch für meine Wolljacken angefeindet, die ich vor Jahren bekommen habe. Tatsächlich trage ich sogar Pelz, ohne mich zu schämen. Wenn dieser aber für unter 10€ second hand zu haben ist, kaufe ich ihn lieber, ehe er weg fliegt. Für den Preis bereichert sich ohnehin niemand mehr dran!

Das wollen aber Vorzeige-Veganer*innen nicht wissen - die haben wahrscheinlich ihre Lederschuhe weg geschmissen und die restliche Milch in den Ausguss gekippt. Wirklich nachhaltig ist das auch nicht.

Es gilt also, einen Mittelweg zu finden. Ich mag den Spruch "Wir brauchen keine 10 Leute, die es perfekt machen, sondern 10.000, die es versuchen". Und genau das tue ich - es versuchen. Bis hierher klappt es wunderbar und ich ermutige jede*n, es auch zu provieren. 
Dabei darf aber auch eines nicht außer Acht gelassen werden: Veganismus ist klassistisch. Am Anfang kennt fast niemand die Tricks und Kniffe für budgetfreundliche nahrhafte Kost. Ersatzprodukte sind vor allem anfangs sehr teuer - was vermisst wird, wird ersetzt, improvisiert und rumprobiert wird erst später. Das ist vollkommen okay und normal! Leider ist das nicht für jede*n leistbar. Nicht jede*r hat Zeit, beim Einkaufen alle Inhaltsstoffe zu checken und/oder Geld, um alles mit V-Label zu kaufen. 
"Jede*r kann vegan" ist also nicht drin, ohne dass Abstriche gemacht werden müssen. Entweder wird die Ernährung also einseitig oder man rutscht in die Mangelernährung.
Das ist ein weiterer Knackpunkt der Vegan Supremacy - das eigene Leben steht hinten an. Wenn du 10 Schweine im Jahr retten kannst, dann machst du das gefälligst, auch wenn es dich umhaut. 

Vor allem PETA ist da aggressiv. PETA sind übrigens die, die nicht wollen, dass man bei Animal Crossing Fische fängt. PETA sind die, deretwegen es in Europa eine Waschbärenplage gibt. 
Speziesmus: Nein. Invasive Arten: Auch nein, liebe PETA! Das, was wir mit Veganismus aufbauen, reißt PETA mit dem Arsch wieder ein - Lederwaren werden beschmutzt, können nicht mehr verkauft werden. Die Tiere sind also WIRKLICH umsonst gestorben.

Leider halten sich viele Veganer*innen immer noch an PETA und werden so zu Vegan Supremacists. Ich finde das schade, so viel menschliches Potential wird verschenkt und bringt Arschlöcher hervor.

Ihr seht also: Veganismus ist ein heißes Eisen, insbesondere im Umgang mit anderen Veganer*innen. Dennoch ist es am Ende des Tages nicht mehr als eine Lebens- und vor allem Ernährungsweise. Jede*r muss also einen eigenen Weg finden, und darf sich nicht von Vegan Supremacists unterkriegen lassen. 
Am Ende des Tages solltet ihr euch darauf besinnen, was ihr schafft: Für jede Tüte vegane Gummibärchen, die ihr kauft, werden die mit tierischer Gelatine einmal weniger gekauft. Ihr habt also schon einen Unterschied gemacht. Und darauf kommt es an.

Be the change you want to see in the world (if you can manage to!)
🌸FrlBrtgm

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